Mount Valley

Tagebuch

 

 

 

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Erste Woche

 

Samstag

Am Sonnabend brechen wir schon um 6.30 Uhr ohne Frühstück zu einer Tour ins Ottospoort auf. Traditionell fahren wir am Wochenende ins Ottospoort, der Weg dorthin um die Zebraberge herum durch das steinige Tandala Rivier ist lang und beschwerlich, es gibt auch keine Möglichkeit, die Tour auf anderen Wegen abzukürzen, man muss immer durch das steinige Rivier wieder zurück. Wir nehmen ein kleines Picknick mit, drei Pfannekuchen, die Christa gestern zurückgelegt hat, Äpfel, Schokolade, Wasser und Cola. Der Himmel ist bedeckt, es ist aber warm. 

Im Tandala Rivier kann man manchmal Kudus sehen, wir haben aber heute kein Glück. An den Ufern des Riviers blühen die Büsche. Das Ottospoort bietet einen zwiespältigen Anblick. Im Norden, also auf der Südseite der Zebraberge, und im Westen an der Grenze zu Khoimasis hat es nicht geregnet, die Erde ist rot, hier wächst kein Grashalm. Hingegen ist der Osten zu den Kaktusbergen und Kottbus grün, und unser südlichstes Kamp, das ca. 1.500 ha große Triangelkamp hat anscheinenden guten Regen bekommen, hier schießt überall das grüne Gras aus der Erde. Hier sehen wir auch etwa 100 Oryxantilopen, eine einzige Herde besteht allein aus 65 Tieren.

Nach vier Stunden sind wir am Haus zurück. Obwohl heute Sonnabend ist, arbeiten unsere Handwerker zu unserer Freude weiter an der Badkammer. Das war bei Neels nur üblich, wenn wir Druck gemacht haben. Petrus bekommt sein wöchentliches Kostpaket und verabschiedet sich alsbald in das Wochenende. Die Farmarbeiter werden von einer sehr aggressiven Gewerkschaft vertreten. Die letzte soziale Errungenschaft ist die Festlegung der Arbeitszeit auf 8.00 bis 17.00 Uhr mit 2 Stunden Mittagspause. Bisher begannen die Farmarbeiter ihre Arbeit bald nach Sonnenaufgang, das ist in dieser Jahreszeit etwa 6.30 Uhr, und hatten dafür vier Stunden Mittagspause. Da lässt es sich angenehmer arbeiten. Nun hocken die Leute bis um 8.00 Uhr in ihrem Häuschen und beginnen erst mit der Arbeit, wenn es im Sommer schon ziemlich heiß ist. Diesen Unsinn haben sich Gewerkschaftsfunktionäre ausgedacht, die von 8.00 Uhr bis 17.00Uhr im klimatisierten Büro sitzen. Aber die Farmarbeiter freuen sich über alles, was ihre Gewerkschaft durchsetzt. Unser Handwerker Jakobus ist selbständiger Unternehmer, der arbeitet manchmal von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr mit zwei Stunden Mittagspause. Und mit ihm sein Handlanger Roderick, der seine Interessen anscheinend nicht von einer Gewerkschaft vertreten lässt.

Der Durchschnittslohn eines Farmarbeiters ist höher als der Durchschnittslohn eines Industriearbeiters beim Namibianischen Vorzeigeprojekt Ramatex. Ramatex ist ein Malaysischer Textilkonzern, der in Windhuk produziert und 4.000 Arbeiter beschäftigt. Damit Ramatex sich überhaupt in Namibia ansiedelte, musste die Regierung bei der UNO intervenieren, in die Liste der ärmsten Staaten aufgenommen zu werden. So kann Ramatex die in Namibia produzierten Textilien über internationale Meistbegünstigungsklauseln in den USA oder Europa bevorzugt absetzen. Die Stadt Windhuk musste kostenlos  Grund und Boden und die erforderliche Infrastruktur für den Ramatexbetrieb zur Verfügung stellen. Ramatex ist 10 Jahre von Steuern befreit und schert sich einen feuchten Kehricht um die Umweltauflagen der Stadt Windhuk. Die hochgiftigen Abwässer der Textilproduktion werden ungeklärt in das nächste Trockenrivier abgeleitet. Bereits jetzt werden im Grundwasser Schadstoffbelastungen festgestellt. Hier kündigt sich eine erstklassige Katastrophe an, nichts ist in diesem Land so kostbar wie Wasser. Obwohl die Namibianischen Ramatexarbeiter schon für geringen Lohn arbeiten, geht es offenbar noch billiger. Ramatex stellte ungelernte Arbeiter aus Bangla Desh ein, die noch weniger bekamen als ihre Namibianischen Kollegen, und in einer  berüchtigten Behausung, dem so genannten Ramatexhotel, in winzigen Zimmern zu horrenden Logiskosten eingepfercht waren. In den Lohnlisten wurden sie als gut bezahlte Vorarbeiter geführt. Als die Sache aufflog, wurden die Arbeiter nachts in ein Flugzeug gekarrt und in ihre Heimat geflogen. Nun scheint der Mantel des Vergessens über diese Affäre gehüllt zu sein. Für die Stadtverwaltung von Windhuk ist Ramatex inzwischen ein rotes Tuch, aber der Staat tut nichts, und die Gewerkschaften, die jeden Wutausbruch eines weißen Farmers über eine Dusseligkeit eines Arbeiters als rassistische Kriegserklärung öffentlich brandmarken, ziehen den Schwanz ein. 4.000 Arbeitsplätze sind ein starkes Argument, was nicht nur Herr Schröder in Deutschland weiß. Und dann sitzen in den Ministerien und Gewerkschaften wohl genügend Leute an den richtigen Stellen, die sich an Ramatex eine goldene Nase verdienen. Namibia sucht sich gern zweifelhafte Partner, sie müssen nur selbst irgendwie unter Kolonialherren gelitten haben. Europäer werden es schwer haben, im Wettbewerb mit Asiaten Investitionen zu tätigen, seitdem die europäische Justiz auch die Bestechung in Ländern der Dritten Welt strafrechtlich verfolgt. Ich bin gespannt, was aus den 4.000 Arbeitsplätzen wird, wenn weltweit die Einfuhrbeschränkungen für chinesische Textilien fallen. Von alledem weiß Petrus nichts, der im Namibianischen Rundfunk nur ständig hört, dass für sein persönliches Elend einzig und allein sein weißer Farmer verantwortlich ist.

Am späten Vormittag kommt ein leichter Südwestwind auf und vertreibt die Wolken. Bald strahlt die Sonne aus blauem Himmel. Die Kleine Regenzeit scheint vorbei zu sein. Kurz vor Mittag kommt unangemeldet der Sohn unseres Pächters. Er will nach den Rindern schauen, und wir verabreden uns für den 1. Advent zum Mittagessen mit seinem Vater auf Mount Valley, um die Fortsetzung unseres Pachtverhältnisses zu besprechen. Kaum ist die Sonne hervorgekommen, funktioniert auch unser Farmtelefon wieder, und alle unsere Nachbarn , immerhin hängen 10 Farmen an unserer Linie, müssen sich erst einmal eingehend telefonisch austauschen, wie das pausenlose Gebimmel zeigt.

Christa überlegt, dass sie heute doch noch ein Brot backen will. Wir werden morgen nach Heusis fahren, und haben gar nichts für die Pad. Sie setzt soviel Hefeteig an, dass der auch noch für zwei Pizza Parma reicht, die wir heute Abend essen. Extra für unsere Lieblingspizza hat Christa reichlich Parmaschinken im Gepäck aus Deutschland gehabt. Außerdem bereitet sie einen großen Topf Nudelsalat, den wir mit nach Heusis nehmen wollen.

Auch am Nachmittag arbeiten die Handwerker weiter bis Sonnenuntergang. Sie haben keine Frau mitgebracht, die nach Aufmerksamkeit verlangt, und das wirkt sich für unseren Baufortschritt nur positiv aus. Wir stellen fest, dass Jakobus nicht beabsichtigt, die neue Badkammer einfach an das vorhandene Haus dran zu setzen, wie dies mit der Küchenerweiterung vor 3 Jahren geschehen ist. Der neue Baukörper wird in das vorhandene Gebäude integriert, indem bis zum Dach hoch gemauert wird, und das vorhandene Dach über die neue Badkammer hinaus verlängert wir. Das sieht natürlich viel besser aus als ein bloß angesetzter Raum. Da die Handwerker noch arbeiten, als wir schon zu Abend essen, bekommen sie natürlich von der Pizza ab. Ob die jemals in ihrem Leben noch Parmaschinken essen werden?

 

 

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