Mount Valley

Tagebuch

 

 

 

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Seite 5

Zweite Woche

 

Montag

Wir planen, am Montagmorgen ohne Frühstück schon sehr früh aufzubrechen. Wir wollen unsere Besorgungen in Windhuk bis 14.00 Uhr erledigen, dann können wir bequem vor Einbruch der Dunkelheit auf Mount Valley sein. Es gibt viele vernünftige Gründe, nachts nicht auf afrikanischen Pisten zu fahren Es gibt keine Fahrbahnmarkierungen und –Begrenzungen, die Piste verläuft so wie das Gelände ist, es ist überhaupt alles finster, nirgends ein Licht zur Orientierung, Donkeykarren fahren ohne Licht und manches Auto auch, und ein platter Reifen, mit dem man auf Piste immer rechnen muss, ist bei Nacht erst recht nicht lustig. Dietmar schenkt uns einen ganzen Springbock, und der muss von Saul noch zersägt werden, damit er in unsere Kühlbox passt. Wir sind deshalb erst kurz nach 9.00 Uhr in Windhuk. Glücklicherweise liegen alle Geschäfte, in die wir müssen, im Südlichen Industriegebiet. Die Wege sind deshalb kurz und wir müssen die Stadt sowieso Richtung Süden verlassen.

Zuerst kaufen wir im Sanitär- und Fliesenmarkt OBECO ein Waschbecken und ein WC für die neue Badkammer. Schräg gegenüber ist NEOPAINT. Dort gibt es Farbe. Wir haben festgestellt, dass so ziemlich alles billiger ist als in Deutschland, selbst Objekte und Materialien, die aus Europa importiert werden, wie das neue Waschbecken nebst WC aus Frankreich. Nur Farben sind deutlich teurer. Dann geht es zum Farmgroßhandel AGRA, wo wir die Kost für Petrus kaufen und zwar für einige Wochen im Voraus, um Hannelore und Gunther etwas zu entlasten, die die Kost sonst immer besorgen: 50 Kg Zucker, 40 Kg Braunmehl, 40 Kg Maismehl, 12 L Sonnenblumenöl, 10.000 Streichhölzer, 10 L Milch, 60 Kerzen, Tee, Kaffee, Tütensuppen, Reis usw., usw. Unser Toyota knickt ein wenig ein. Nebenan ist gleich der Auas-Supermarkt, wo wir unsere eigenen Lebensmittelvorräte für die nächsten beiden Wochen auf Mount Valley auffüllen, und in einem kleinen Bistro auch endlich einen Toast mit Spiegelei und Schinken essen können.

Nun kommt der schwierige Teil unserer Besorgungen, der Baumarkt Pupkewitz. Dort gibt es das Material für die Sanitärinstallation und das Dach unserer neuen Badkammer. Der Baumarkt Pupkewitz ist eine wüste Rumpelbude, aber das erste Haus am Platz. Schon in der Sanitärabteilung habe ich einige Schwierigkeiten, die passenden Kupferrohre, Duschabflüsse, Entwässerungsleitungen nebst Verbindungen, Fittings und Anschlüssen zusammenzustellen, so dass Christa zunehmend gereizter wird. Mein Hinweis, dass ich Jurist bin und kein Klempner, erfüllt sie mit Heiterkeit. Das werde ich mir wahrscheinlich noch in zehn Jahren anhören müssen. Die großen Teile, wie Holz für den Dachstuhl und das Wellblechdach selbst, gibt es im so genannten Yard Sale. Man bestellt dies an einem Tresen, bezahlt und bekommt die Sachen dann im Lager ausgehändigt, das etwa 200 m entfernt auf der anderen Straßenseite ist. Jakobus hat mir auf einen Zettel die Holzmaße für den Dachstuhl aufgeschrieben, und es kommt was kommen muss. Holz in den Abmessungen 15 x 4 cm, von dem wir 4 Stück zu 2,50 m Länge benötigen, ist nicht am Lager. Ich frage, ob es Holz in ähnlichen Abmessungen gibt. Der Mensch hinter dem Tresen schaut im Computer nach, nein, gibt es nicht. Christa hat derweil Pinsel besorgt und kommt auch an den Tresen. Ich sage ihr, dass es das Holz nicht gibt, das Jakobus aufgeschrieben hat. Christa ist wieder gereizt: Dann frag ihn doch endlich, ob er ähnliches Holz hat. An solchen Situationen sind schon solide Ehen zerbrochen.

Fliesen für die Dusche in der neuen Badkammer, die uns gefallen, finden wir bei Pupkewitz nicht. Wir fahren deshalb wieder zu OBECO, wo wir am Morgen schon Fliesen für diesen Fall ausgesucht haben. 13 m² Fliesen und 60 Kg Fliesenkleber haben ein ordentliches Gewicht, unser Toyota geht nun ganz schön in die Knie.

Nun fahren wir zum Lager von Pupkewitz, um unser Holz und Wellblechdach abzuholen. Wir geben unseren Bestellzettel ab, und ich schaue mich im Lager um, vielleicht finden wir ja doch noch passende Planken. Dort liegt Holz in Hülle und Fülle. Ich stoße auch sofort auf Holz, das mir geeignet erscheint, das hat die Maße 15,2 x 5 cm und ist 3,90 m lang. Unser Holzproblem ist gelöst. Es dauert einige Zeit, das Material nun oben auf dem Toyota pistentauglich festzuzurren, obwohl fünf Ovambo damit beschäftigt sind. Zwei Kanthölzer von 6 m Länge, die also deutlich länger sind als der Toyota, dazu 10 Wellblechplatten von 2,10 m Länge und 80 cm Breite und die besagten 4 Planken von 3,90 m Länge sind oben auf dem Toyota zu verstauen. Die 6 m langen Kanthölzer werden mittig längs über den Dachgepäckträger gebunden und vorne am Kuhfänger und hinten an der Anhängerkupplung stramm verzurrt, das Ganze hat nun ein flitzebogenähnliches Aussehen. Hoffentlich haben wir keine Reifenpanne, dann muss alles wieder abgebaut werden, weil Wagenheber und Reservereifen in die Konstruktion mit eingebunden werden.

Jetzt geht es noch in den Bottle-Store, zum Tanken und in den Obst- und Gemüsemarkt. Getränke, Obst- und Gemüsekartons kommen auf den Rücksitz, wo auch schon eine Kühlbox steht, weil hinten auf der Ladefläche kein Platz mehr ist. Um 16.15 Uhr verlassen wir Windhuk. Es gibt keine Chance, Mount Valley vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Alles scheint ordentlich verschnürt, auch als wir in Kalkrand die Teerstraße verlassen und nun auf Piste weiterfahren, ruckt und rappelt nichts. Der schwer beladene Toyota hat eine wunderbare  Straßenlage und fährt wie auf Schienen. Christa achtet akribisch darauf, dass ich nicht schneller als 80 Km/h fahre, na ja, jedenfalls nicht viel schneller. Als zu den melodramatischen Klängen von Händels ‚Sarabande’ die Sonne untergeht, sind es noch genau 200 Km Piste bis Mount Valley. Glücklicherweise steht der zunehmende Mond schon hoch am Himmel, so dass es um uns herum nicht ganz finster wird.

Etwa 120 Km vor Mount Valley beginnt der Abschnitt mit den Wasserschäden auf der Piste. Das Fahren erfordert nun allerhöchste Konzentration. Außer uns ist sowieso niemand mehr unterwegs. Ich habe mir die Stellen mit den extremen Schadstellen von der Herfahrt ganz gut gemerkt, außerdem bin ich diese Piste schon sehr oft gefahren, und habe deshalb jedes Rivier, jeden Buckel und jede Kurve ganz gut in Erinnerung. Eine Stelle, an der die Straße weggespült ist, habe ich aber vergessen. Es ist nicht möglich bei ungefährem Tempo 80 den Wagen in der vom Scheinwerfer ausgeleuchteten Strecke auf ein vernünftiges Tempo zu drosseln, Vollbremsung ist auf Piste ohnehin tödlich. Kurz bevor der Toyota mit immer noch anständiger Geschwindigkeit in das Loch fällt, löse ich die Bremsen, um keinen Achsbruch zu riskieren. Der Wagen bockt wie ein Mustang, der zugeritten wird, hinten tanzen die Fliesen mit dem Braunmehl Samba, und jeden Moment muss das Holz samt Wellblech, Dachgepäckträger und Reservereifen in die Pampa fliegen, aber nichts passiert. Es ist erstaunlich, was diese Toyotafahrzeuge aushalten. Ich wusste vorher, dass man nachts nicht auf Piste gehen soll.

Um 22.30 Uhr sind wir auf Mount Valley. Der Wagen bleibt wie er ist vor dem Haus stehen, abgepackt und ausgeräumt wird Morgen. Wir sind noch viel zu angespannt, um sogleich auf unsere Matratzen zu gehen. Wir setzen uns auf den Sundownerplatz an Schätzles Fässchen, trinken kühles Windhoek Draught und essen eine Riesenportion von Christas köstlichem Nudelsalat. Der Mond taucht das Tal unter uns in ein geisterhaftes, weißes Licht. Das Licht des Mondes ist so hell, dass wir bis zu den Rooirand-Bergen im Osten sehen können, die 25 Km entfernt sind. Kurz vor Mitternacht legen wir die Matratzen ins Wohnzimmer und fallen sofort in einen Tiefschlaf.

 

 

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