Mount Valley

Tagebuch

 

 

 

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Zweite Woche

Freitag 

Am Freitagmorgen fahren wir schon um 6.30 Uhr Downtown Helmeringhausen zum Shopping. Vorher gehen wir unter die Dusche, die wieder in Ordnung zu sein scheint, denn auch jetzt am frühen Morgen strömt wirklich heißes Wasser aus dem Duschkopf. Petrus fährt mit nach Helmeringhausen. Das ist uns eigentlich nicht recht, denn heute ist normaler Arbeitstag. Aber er hat gestern bis weit nach seinem tariflichen Feierabend den Handwerkern beim Aufschütten der Badkammer geholfen und Schubkarren mit Sand und Mörtel in die Badkammer gefahren, dass wir dies ausnahmsweise erlauben. Petrus hat seinen eleganten khakifarbenen Safarianzug angezogen und sieht richtig fein aus. Vom Mount Valley Haus sind es nur 75 Km nach Helmeringhausen, aber wir brauchen schon gut 40 Minuten bis zur C 27 und dann noch einmal 45 Minuten bis Helmeringhausen, weil die Pad dorthin eng, kurvenreich und bergig ist. 

In Helmeringhausen gibt es eine kleine Niederlassung von AGRA mit einem Grundvorrat an Farmbedarfsartikeln, man kann aber alles bestellen was bei AGRA erhältlich ist. Wir brauchen 86 Kg Gas, 8 Sack Zement und einen Block Salzlecke für unser Wild. Die AGRA Niederlassung wird von Francois geführt. Francois hat bis 1994 als Verwalter auf Mount Valley gewohnt, und hat dann die AGRA Niederlassung übernommen, nachdem die Shareholder von Mount Valley die Farm verkaufen mussten. Er war anfangs uns gegenüber etwas reserviert. Nachdem wir auf Mount Valley einige Dinge gewuppt haben, die man uns nicht zugetraut hat, hat sich sein Verhalten uns gegenüber geändert. Insbesondere die Containeraktion im Jahre 2001 hat uns bei den Menschen hier sehr viel Respekt verschafft. Seine Frau Charlotte, die einen kleinen Store neben AGRA im selben Gebäude betreibt, war immer nett und freundlich zu uns. Sie ist heute aber nicht im Laden. 

Neben AGRA befindet sich eine Tankstelle mit Reparaturwerkstatt, wo wir den Hilux voll tanken, denn bei unserer Rückfahrt von Windhuk am Montag haben wir nicht mehr wie sonst üblich auf der Farm Betta, 65 Km vor Mount Valley, getankt, weil es schon so spät war. Außerdem müssen wir noch eine Reparatur des Kühlers am kleinen Landcruiser für umgerechnet 15 Euro bezahlen. Der leckte und Gunther hatte ihn ausbauen lassen und hier zur Reparatur gegeben. Der Inhaber, Adolf S., ist heute leider in Windhuk. In der Reparaturwerkstatt steht seit Monaten unser Dieselmotor, und S. wollte mit uns darüber sprechen, ob sich eine Reparatur noch lohnt. 

Um 10.00 Uhr sind wir auf Mount Valley zurück. Unsere Handwerker haben damit begonnen, in der Badkammer die Schlitze für die Sanitärinstallation zu stemmen. Außerdem haben sie eine kleine etwa 50 cm lange Schlange gefangen, die heute Morgen unter einem Mauerstein vor unserem Schlafzimmer lag. Die Schlange haben sie in einen Eimer gesteckt. Sie ist von heller rötlichbrauner Farbe mit großen rotbraunen Punkten. Zuerst denke ich, dass es eine ganz junge Puffotter ist, aber sie hat nicht den viperntypischen dreieckigen Kopf. Die Nama wissen auch nicht was das für eine Schlange ist. Ich schaue in meinem Naturführer ‚Die Giftschlangen Südwestafrikas’ nach. Es ist eine ausgewachsene Tigerschlange, die zwar giftig, aber für Menschen grundsätzlich ungefährlich ist, weil ihre Giftzähne im Maul hinten sitzen und bei einem Biss wegen des kleinen Mauls die menschliche Haut nicht berühren können. Wir wollen die Schlange heute Nachmittag im Feld aussetzen, wenn wir eine Tour machen, und lassen sie im Eimer liegen. Am Mittag ist die Schlange jedoch tot, wahrscheinlich ist es im Eimer zu heiß geworden, obwohl er im Schatten stand. 

Von Hans kommt eine Email aus Melbourne, er und Grete sind am Montag mit günstigen Verbindungen dort angekommen. Es ist aber nicht so warm wie in Namibia, als erstes mussten sie Pullover  aus dem Koffer holen. 

Heute weht der Wind wieder aus Nordost. Wolken ziehen auf, am Mittag verfinstert sich der Himmel, in der Ferne grummelt Donner. Dann schlägt der Wind auf Südwest um und nimmt an Heftigkeit zu, auf meinem Laptop werden Windgeschwindigkeiten von 50 Km/h ausgelesen. Der Südwestwind treibt die Wolken nach Osten zurück und bringt vom Atlantik Nebel mit. Als er gegen Abend nachlässt und sich der Staub gelegt hat, ist es ganz diesig im Tal. 

Die Handwerker verlegen und verlöten heute komplett die Sanitärinstallation in der Badkammer. Sie verlassen um 19.30 Uhr die Baustelle. 

Wir setzen uns vor Sonnenuntergang auf den Sundownerplatz, heute ist Vollmond. Das ist auf Mount Valley immer ein eindrucksvolles Schauspiel, wenn der volle Mond bei Sonnenuntergang langsam im Osten hinter den Bergen aufsteigt. Um 19.00 Uhr kommt Petrus auf den Sundownerplatz und fängt ein großes Lamento an. Als wir heute Morgen aus Helmeringhausen zurückkamen, haben wir gesehen, dass die 8 Pferde von Petrus im letzten Kamp vor der Sinclairgrenze standen. Normalerweise stehen seine Pferde in den drei Kamps nördlich vom Haus. Mit diesem Kamp an der Sinclairgrenze nutzt Petrus nun mehr als 1.000 ha Weideland für seine 8 Pferde. Das ist eindeutig zu viel. Christa sagt ihm deshalb schon im Auto, dass er seine Pferde von diesem Kamp runterholen soll.

Am Nachmittag sind Petrus, Maria und einige Enkel damit beschäftigt, die Pferde zurück zu treiben. Und nun macht er Lamento. Er will nicht mehr. Morgen früh geht er zu Gunther, lässt sich auszahlen und haut ab von Mount Valley. Er braucht Weide für seine Pferde. Ob wir nicht zufrieden sind mit ihm? Gießt er nicht die Bäume, wenn wir in Deutschland sind? Christa sagt ihm, dass er gefälligst morgen früh seinen Dienst anzutreten habe, Feierabend sei für ihn erst am Mittag. Gut, also Morgen Mittag geht er zu Gunther und haut dann ab. Passt er nicht auf unser Haus auf, wenn wir in Deutschland sind? Repariert er nicht immer das Windrad, damit wir und unsere Bäume genug Wasser haben? Wir müssen ihm doch dankbar sein! Morgen geht er zu Gunther, und nach Weihnachten ist er dann weg von Mount Valley. Ich denke, dass man das nicht überbewerten muss. Petrus hat sich etwas Mut angetrunken. Spätestens wenn er wieder nüchtern ist, wird ihm einfallen, dass ihn kein Farmer mehr in seinem Alter nimmt, und ihm schon gar nicht für 8 Pferde 1.000 ha Weide pachtfrei überlässt. So einen Job wie auf Mount Valley und so großzügige Arbeitgeber findet er nirgends in Namibia. Und für das was er für uns tut, wird er bezahlt. Und das weiß er, und das sagen wir ihm, und wir sagen ihm auch, dass wir es schade finden, wenn er geht, wenn er aber gehen will, dann halten wir ihn nicht auf. Ich sage ‚ slaap lecker’ und er ‚slaap lecker, Mister’. Christa würdigt er keines Blickes, er hält sie für den Hauptbösewicht, weil Christa unsere Position vertreten hat. Wir sind gespannt, wie die Sache weitergeht. 

Wir legen Springbockfilets auf den Lavasteingrill, die Christa am Mittag in Marinade eingelegt hat. Wir haben beide noch nie so zarte und saftige Springbockfilets gegessen. Kurz vor 20.00 Uhr steigt hinter der alten Kupfermine von Sinclair der Vollmond auf. Wir sitzen noch lange mit einem Cabernet Sauvignon auf dem Sundownerplatz und lassen uns vom Vollmond verzaubern. Die Berge ragen aus dem Nebel  schemenhaft heraus, der im Mondlicht wie ein Meer aus Zuckerwatte aussieht, man ahnt sie mehr als dass man sie richtig sieht.

 

 

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